EFG Marienglacis Johanneskirche Marienkirche Dom Minden-Lübbecke Minden Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Minden und Umgebung (ACK)

„In Einigkeit des Glaubens.“

Mindener Tageblatt, Pfingsten 2000

Sprache kann austrocknen. Sie kann ihre Kraft und Lebendigkeit verlieren, mit der sie elementare Erfahrungen aufnimmt und es Menschen möglich macht, sich über sie auszutauschen. Dies trifft nicht die Sprache allein: auch die Erfahrungen, um die es geht, verblassen, und nicht selten herrscht Trockenheit im menschlichen Miteinander, wenn es sehr persönliche Erfahrungen sind. Gerade die Sprache der Glaubenserfahrung und – zu Pfingsten – besonders die Kirchliche Rede vom Geist Gottes finden viele Menschen trocken oder einfach nur öde.

„Vertrocknetes wird wieder lebendig“: so nennt die in Minden lebende Künstlerin Angelika Mittel-Lankes ihr Bild und zeigt damit, daß aus den trockenen Zweigen neues Leben erwachsen kann. Der aufblühende Strauch ist Darstellung vom Wirken des Geistes: er ruft ins Leben und facht es immer neu an.

Das Bild ist entstanden für das Pfingstfest der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen: „Wir feiern Gottes Geist!“, das am Pfingstmontag um St. Martini und den Dom in Minden gefeiert wird. Gemeinsam nähern sich die Vertreter der in der ACK vertretenen Konfessionen der belebenden Kraft des Geistes. Darum betet die Kirche: „Komm, Heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubigen und entzünd in ihnen das Feuer deiner göttlichen Liebe, der du in Mannigfaltigkeit der Zungen die Völker der ganzen Welt versammelt hast in Einigkeit des Glaubens.“

Jürgen Mackenbrock, Vorsitzender der ACK

Gottes Geist in der Tradition der Kirche

Obwohl die Gottesdienste am Pfingstfest weniger besucht werden als am Weihnachts- und Osterfest und die Christen dadurch ihr Unverständnis gegenüber dem Hl. Geist ausdrücken, hat die 3. Person Gottes in der Tradition der Kirche immer eine überragende Bedeutung gehabt. Zwar war die Trinitätslehre im Ersten Testament nicht voll entwickelt, dennoch sind die Aussagen über das Wirken des Geistes Gottes unübersehbar. Schon auf der ersten Seite der Bibel wird der Geist, der wie eine Vogelmutter über der Welt schwebt (Gen 1,2), bezeugt. Etwa 400 x wird der Geist in dem Begriff RUACH, der weiblich ist, genannt; er bedeutet Wind, Atem, Sturm, Leben gebärende Kraft. An diesem „Geist des Herrn, der den Erdkreis erfüllt“ (Weish 1,7) hängt für den alttestamentlichen Beter das Leben.

Das Auftreten und Wirken Jesu war von Anfang an vom Geist Gottes begleitet. „Der Hl. Geist wird über dich kommen“ (Lk 1,35), sagt der Engel zu Maria. So ist „Christus“ der vom Geist Gesalbte, der auch in die Herzen der Menschen ausgegossen werden soll (Röm 5,5). Das große Westfenster in der St. Mauritiuskirche beschreibt das Pfingstereignis in der Sprache unserer Zeit, während in der Grabeskirche des Mindener Bischofs Siegward in Idensen (12. Jh.) die Geistsendung in romanischer Ausmalung dargestellt wurde. Die neue Taufsteinabdeckung im Dom enthält den Hymnus „Veni Creator Spiritus“ des hl. Rhabanus Maurus (9. Jh.), der zusammen mit dem ersten Bischof von Minden Erkanbert im Benediktinerkloster Fulda gelebt hat. In vielen alten und neuen Kirchen aller Konfessionen wird das Wirken des Geistes Gottes bezeugt, so wie es im „Großen Glaubensbekenntis“ heißt: „Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht“, den M. Luther mit „Tröster“ übersetzt hat. Bis heute ist in den Kirchen das Gebet des hl. Augustinus († 430) erhalten geblieben:

„Atme in mir, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges denke.

Treibe mich, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges tue.

Locke mich, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges liebe.

Stärke mich, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges hüte.

Hüte mich, du Heiliger Geist, daß ich das Heilige nimmer verliere.“

Paul Jakobi, Propst am Dom

Gottes Geist in der Gegenwart der Kirche (oder Brauchen wir den Geist Gottes?)

Gottes Geist ist nicht darzustellen oder zu erklären und damit greifbar zu machen. Es ist bis heute so wie schon damals in Jerusalem: Was wir erleben, sind Menschen, die sich verändern. Da werden aus Fischern und Zolleinnehmern plötzlich fesselnde Redner; aus dem verängstigten Fan-Club eines Wanderpredigers, der als politischer Unruhestifter hingerichtet wurde, werden Männer und Frauen, die gegen Spott und Unruhe auf Festpilger zugehen und ihnen Rede und Antwort stehen über ihre Gotteserfahrung. Und sie begeistern mit ihrem Erzählen viele Menschen unter den internationalen Festgästen. So entsteht die erste christliche Gemeinde nach Ostern. Sie wurden mit den Heiligen Geist erfüllt und begannen in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab. So wird es in der ältesten Gemeindechronik beschrieben. Gottes Geist läßt Menschen Grenzen überschreiten. Sie entdecken neue Möglichkeiten bei sich selbst und sie erkennen im Fremden den Mitmenschen, zu dem sie geschickt werden. Sie erleben, daß mit ihnen und um sie herum eine neue Gemeinschaft entsteht und wächst.

Daneben steht die Beobachtung von heute, daß wir in unseren traditionellen westlichen Kirchen in einer Krise sind. Wir wachsen nicht mehr, weder äußerlich in den Menschen, die wir erreichen – noch sind innerhalb der Kirchen große Neuaufbrüche zu spüren. Die weltweite Christenheit aber wächst. Mitten im letzten Jahrhundert trat angestoßen durch den Heiligen Geist als ein großer Neuaufbruch die Ökumenische Bewegung in Erscheinung. Sie bewegte Christenmenschen zur Grenzüberschreitung. Männer und Frauen traten aus ihrer traditionell geprägten Frömmigkeit und Kirchlichkeit heraus, um miteinander nach Einheit zu suchen. Die zweite große Bewegung ist pfingstlich-charismatisch geprägt. Vom Geist Gottes bewegt sprechen Gemeinden jeweils vor Ort Menschen an und ermutigen sie, ihr Leben von Gott her zu verstehen und in Ordnung bringen zu lassen. Predigerinnen und Prediger verbinden sehr direkt ihre Alltagserfahrungen mit dem Wort Gottes und mit ihren Glaubenserfahrungen. So sprechen sie die Nöte und Sehnsüchte ihrer Mitmenschen an. Diese Bewegung läßt die Christenheit wachsen. Das geschieht hauptsächlich in den Kirchen Afrikas und Lateinamerikas. Eine pfingstlich-charismatische Bewegung gibt es auch bei uns. Und es ist eine große Herausforderung und Aufgabe, uns für Gottes Geist zu öffnen und von ihm ermutigt, ins Gespräch mit dieser Bewegung zu kommen. Wir können von ihr lernen, die Gegenwart des Geistes Gottes nicht nur zu bekennen, sondern um den Heiligen Geist zu bitten und mit ihm zu rechnen in unserem Alltagsleben und in unserem kirchlichen Handeln und Denken.

Die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Canberra betete: Komm, Heiliger Geist – erneuere die ganze Schöpfung. Wenn wir als Kirchen und einzelne Christenmenschen dieses Gebet mitbeten und leben, dann wird Gott mit seinem Geist unter uns spürbar und erfahrbar werden. Er wird uns anstecken zu neuem Leben. Diese Verheißung gilt auch für uns Christinnen und Christen in Minden.

Elisabeth Schäffer, Superintendentin

Gottes Geist – Gabe an Getaufte ...

... und Ungetaufte, an Juden und Nichtjuden – die Apostel standen zuerst Kopf, als sie nach Pfingsten erlebten, dass Gott nicht nur Menschen des jüdischen Volkes mit seinem Geist erfüllt. Ja, es kam noch heftiger: Plötzlich verloren viele Gebote und fromme Maßstäbe ihre Bedeutung, die ihnen bisher halfen, Menschen und Dinge zu beurteilen. Als an Pfingsten der Heilige Geist ausgegossen wurde, begann eine neue Zeitrechnung

Mit der Geburtsstunde der Kirche entstand eine Bewegung, die die gesamte Welt wie keine andere beeinflusst hat. Wie geschah das? – Dadurch dass Menschen, die zum Glauben an Jesus Christus kamen, getauft und in die Kirche aufgenommen wurden. Und dies unabhängig von Geschlecht, Stand, Nationalität und Rasse. Sie wurden mit Wasser getauft, aber das eigentliche Geschehen war ihre Taufe mit dem Heiligen Geist – vor oder nach ihrer Wassertaufe. Dadurch kam etwas ganz Neues in ihr Leben; Gott selbst durch seinen Geist.

Seither machen Christenmenschen überall auf unserem Globus dieselbe lebenserneuernde und -verwandelnde Erfahrung mit Gottes Geist.

Hermann Kettenbach, Freie Evangelische Kirchengemeinde

Gottes Geist – Beistand der Getauften

Die ersten Jüngerinnen und Jünger Jesu hatten es noch leicht. Sie waren ständig in der Nähe des Mannes aus Nazareth. Mit jeder Frage konnten sie zu ihm kommen und bekamen sofort eine Antwort. Von Person zu Person konnten sie mit ihm reden.

Wie aber sollte es nach Christi Himmelfahrt weitergehen? Wie können die Christinnen und Christen in einer anderen Zeit an Christus glauben, wenn sie ihn nicht mehr selbst fragen können?

Im Johannesevangelium nimmt Jesus diese Frage selbst auf und verheißt seinen Jüngern den „Beistand“, den Heiligen Geist. Er wird „Zeugnis für Jesus ablegen“ (15,26-16,4). Der Heilige Geist ist die bleibende Gegenwart Christi bei den Menschen, die ihm auch in den Jahrzehnten und Jahrhunderten nach seinen Erdentagen nach dem Vorbild Christi leben wollen.

So ist Pfingsten, das Fest des Geistes Gottes, die Erinnerung daran, daß Christus uns diesen Beistand gesendet hat. Wir müssen uns nicht fürchten, den Kontakt zu ihm zu verlieren, weil er durch den Geist Gottes ständig in uns ist.

Jürgen Stolze, Evangelisch-methodistische Kirche